Fußball WM 2011 - Kleines Finale |
17.11.13 |
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Es ist ungerecht, arbeiten zu müssen, während andere sich Vergnügen dürfen. Man hat keine Zeit, sich um seine eigenen wichtigen Dinge zu kümmern, sondern muss sich um die wichtigen Dinge Anderer bemühen. Man war und blieb immer irgendwie ein Sklave seiner Arbeit. Als ich zum Frühstück kam, saßen Lars und Jannet bereits vor Kaffe und Müsli. Sie unterhielten sich über Politik. Ich nahm mir etwas von dem Büffet und setzte mich zu ihnen. "Guten Morgen, habt ihr gut geschlafen?" Sie sahen mich an und grinsten. "Elfetè hat mich angerufen. Sie sagt sie konnte dich nicht erreichen und ich soll dir ausrichten, dass die Besprechung am Sonntag, vor dem Finale statt findet." |
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Klasse. Elfè ruft mich gar nicht mehr an, sondern lässt mir die Informationen über Dritte zukommen. Dazu auch noch in dieser Situation. Ich musste mich wirklich beherrschen. Mürrisch nahm ich einen Schluck Kaffee. "Willst du nicht dabei sein, wenn wir über unseren Abgang debattieren, Lars?" fragte ich lakonisch. Er hatte gerade ein Brötchen im Mund und konnte nicht sofort antworten. Dann sprach er gedehnt: "Selbstverständlich. Jannet will auch mitkommen. Wir haben uns geeinigt, gemeinsam am Montag am Bahnhof für die Menschen in der Dritten Welt zu demonstrieren und anschließend in die USA zu fliegen. Sie meint dort gäbe es interessante Verkehrsanbindungen, die ich unbedingt sehen müsste." Ich hatte schon mit irgend einer solchen Spitze gerechnet, aber dies war doch etwas stärker als ich dachte. Ich verschluckte mich und hatte Mühe, den Inhalt meines Mundes, der aus zerkautem Müslibrei, Milch und Honig bestand, nicht über Lars auszubringen. Schnell griff ich nach der Serviette und rannte hinaus auf die Toilette. Jannet kam hinter mir her galoppiert und holte mich am Waschbecken ein. Sie klopfte mir hart auf den Rücken. "Es ist dir doch recht? Du kannst natürlich auch mitkommen. Es war doch nichts Ernstes zwischen uns und entschieden ist noch lange nichts!" Endlich hatte ich die Luftröhre wieder frei und unter lauwarmen Wasser wusch ich mir die Tränen aus dem Gesicht. "Ich weiß noch nicht Jannet, aber wahrscheinlich werde ich bei der Redaktion bleiben müssen. Wir haben Geldsorgen und jeder muss mithelfen. Ich kann nicht, wie Lars, einfach abhauen." Ich fand, sie hätte das gutheißen können, aber sie schüttelte nur verständnislos den Kopf und ging zurück zum Tisch. Lars tupfte sich mit der Serviette die Mudwinkel und meinte: "Wir könnten die nächsten Tage gemeinsam in einem Hotelzimmer verbringen. Dies würde schon etwas Geld sparen." Jannet nickte heftig mit dem Kopf. "Nein. Tut mir leid. Erstens muss ich an meinen Berichten arbeiten und dazu benötige ich Ruhe und zweitens bin ich strikt für den Umbau des Sackbahnhofs zu einem Durchgangsbahnhof!" sagte ich spontan und etwas laut, denn die anderen Gäste blickten verwundert zu unserem Tisch. Eigentlich hatte ich nicht vor gehabt die Bahnhofssache zu entscheiden, aber nun war die Kontroverse für mich zu persönlich geworden. "Warum bist du denn für einen Ausbau?" wollte Jannet wissen. Ich erklärte ihr, dass es eine Schande für jeden ICE sei, die über zwanzig Kilometer lange Einfahrt zu dem Kopfbahnhof im Kriechtempo herein und heraus zu fahren. Eine Zumutung für jeden Reisenden und dafür seien die ICE tatsächlich nicht gemacht. Außerdem, so ließ ich mich weiter aus, sei der Bahnhof hässlich, zugig und eiskalt im Winter, weil er zu allen Seiten offen und daher auch schlecht zu überwachen sei. Wir diskutierten, warum so viele Menschen gegen einen Umbau auf die Straße gehen würden und ich versuchte zu erklären, dass es dafür ganz verschiedene Gründe gäbe. Da seien die Grünen, die sich mit dem Thema an die Macht gebracht hatten, welche die Massen mobilisierten. Dann würden sich viele Menschen an diesen Bahnhof gewöhnt haben. Es sei ein System entstanden zwischen den Pendlern und den Unternehmen, den Discothekenbesuchern und den Geschäften und Bars. Jeder könne bekannt geben, wer wann komme und wenn es etwas Auffälliges gäbe, wüsste bald jeder in der Stadt darüber Bescheid. Auch seien Mädchen beobachtet worden, die sich die Nacht über in Discos herum getrieben hätten und am nächsten Morgen nach Hause fahren wollten. Es gäbe nur diese eine Richtung in der sie abfahren könnten und es wäre somit leichter ihnen nachzustellen. Und wenn die Damen die Pömps gegen die Stöckelschuhe tauschen würden, um auf die Rutsche an der Königsstraße zu gehen, dann sei am Bahnhof die Umkleidekabine. All dies seien Gründe für den Einzelnen, sich gegen eine Untertunnelung zu wenden. Nachdem ich wieder auf meinem Zimmer war, rief ich in der Redaktion an. Ich teilte mit, dass ich mich bis zum Spiel um den Dritten Platz in meine Wohnung zurückziehen werde und wir uns dann am Sonntag sehen würden. In meinen vier Wänden arbeitete ich, ohne mir weitere Gedanken um Jannet und Lars zu machen. Am Samstag fuhr ich nach Sinsheim und sah mir die Begegnung der Französinnen gegen die Schwedinnen an. Die Französinnen zeigten einige Angriffe mit gutem Kombinationsspiel, doch waren es die Schwedinnen, die in der ersten halben Stunde mit einem steilen Pass aus der eigenen Hälfte nach vorne auf Lotta Schelin zum Torerfolg kamen, weil diese sich den Ball gegen eine Abwehrspielerin erlaufen konnte und in vollem Sprint an der Torhüterin vorbei schlenzte. Die Französinnen hatten ebenfalls noch eine Chance bei der der Ball am Pfosten abprallte. Schließlich gingen die Damen aber doch mit einem 1:0 für die Schwedinnen in die Kabinen. Nach der Pause kam es zu einem schönen Tor durch einen Fünfzehnmeterschuss von Élodie Thomis. Die ganzen Strapazen der Weltmeisterschaft zeigten sich in einem Zweikampf , bei dem eine Schwedin, sich wütend am Boden liegend, frei trat. Damit zwang sie die Schiedsrichterin zu einer roten Karte. Die Schwedinnen, die nun nur noch mit zehn Frauen auf dem Platz standen, stellten vom Vorwärtsgang auf den Rückwärtsgang, um mit langsamem Aufbau nach vorne zu marschieren. Die Spielweise zahlte sich aus, denn nach einem Eckball konnte Marie Hammarström den Ball annehmen und in das linke Eck des französischen Tores krachen lassen. Trotz verzweifelter Bemühungen der Französinnen, doch noch zum Ausgleich zu kommen endete das Spiel mit dem 1:2 gegen Schweden. Die Französinnen hatten ein bravorösen Auftritt bei dieser Weltmeisterschaft, aber einen etwas stärkeren Gegner in ihrem letzten Spiel. Die Schwedinnen verabschiedeten sich vom feiernden Publikum mit der Bronzemedaille in einem Meer aus Glitzerschnipseln, die im Stadion versprüht wurden.
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Autor: |
Steffen Windschatten | Quelle | Copyright Tauka® 2010 |