Die stürmische Ausbreitung des Wissens |
19.09.15 |
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Mit dem Zeitalter der Buchdruckerei, die vor allem
von Gutenberg Mitte des 15. Jahrhunderts eingeläutet wurde, begann eine
umwälzende Entwicklung, denn bis zu diesem Zeitpunkt waren es Kopisten,
die in langwierigen Arbeiten ein Buch abschreiben. Mit der Druckerpresse
war es möglich geworden, die Kopisten dieser mühsamen und zeitraubenden Tätigkeit
zu entledigen und ihre bisher auf Pergament, oder Papier geschriebenen
Texte in millionenfacher Auflage zu fabrizieren. Die Erfindung Gutenbergs bestand hauptsächlich aus
dem Gießwerkzeug. Hiermit konnte man eine beliebige Zahl von beweglichen
Lettern gießen, die dann in Winkelhaken zu einer Zelle gesetzt wurden.
Man musste also nicht mehr jeden Buchstaben des Schriftsatzes von Hand
schneiden. Der Buchdruck verbreitete sich aus Mainz schnell über ganz Europa und Religion und Politik waren sich ebenso schnell bewusst, dass sich solch ein Medium hervorragend für die Verbreitung von gängigen Glaubens-, Verhaltens- und Rechtsregeln nutzen lies. Anfangs wurden hauptsächlich Kalender und religiöse
Texte, besonders Bibeln, gedruckt, doch Reformation und Gegenreformation
bedienten sich der Propaganda des neuen Mediums und lieferten ein erstes
Beispiel zur Massenbeeinflussung durch Massenanfertigung von Flugblättern.
Zwar konnten die zeitgenössischen Menschen zumeist nicht lesen und
schreiben, aber was die Einflussreichen in Texten verfasst hatten, wurde
schon damals mit eindrucksvollen Bildern geschmückt und somit war für
jeden ersichtlich, was die Botschaft des Papiers war. Es gab Flugblätter, die gegen den Papst gerichtet
waren und sie polarisierten die Menschen gleichermaßen, wie sie Aufklärung
verhießen. Die modernen Methoden zur Meinungsbildung waren damals noch
nicht bekannt und es konnte durchaus vorkommen, dass man wegen Besitzes,
oder auch nur der Kenntnis einer solchen Schrift auf der Stelle erschlagen
wurde. Bald mussten aber auch die Mächtigen und ihre willfährigen
Untergebenen einsehen, dass man die Verbreitung von einmal in den Umlauf
gebrachtem Wissen nicht stoppen kann. Es stellte sich damit die Frage, wie
man mit dem Ereignis umgehen sollte. In dieser Zeit der Verwirrung, welche von der
geistigen Umgestaltung und Wissensvertiefung in Europa gezeichnet war, tat
sich besonders Martin Luther hervor, der sich gegen die Strömungen seiner
Zeit richtete und die katholische Kirche wegen ihres Ablasshandels an den
Pranger stellte. Luther Predigten konnten mit Schriften unterlegt werden
und erbrachten in Süddeutschland einen Bauernaufstand. Der sogenannte
Bauernkrieg brach aus. Die Bauern erhoben sich gegen ihre adligen Herren und
beriefen sich auf das Lutherwort „Von der Freiheit eines
Christenmenschen“, welches sie nun schriftlich in ihren Händen hielten. Luther aber richtete an den Adel einen Aufruf, man
solle die Aufständischen „zerschmeißen, würgen und stechen, heimlich
und öffentlich, wer da kann ...“ Der erste Schritt einer Methode zum Umgang mit der öffentlichen
Meinung war getan. Vielleicht hatte Luther Angst, man könne ihn zur
Rechenschaft ziehen, doch mit seinem Aufruf spaltete er auch die Mächtigen.
Die Fürsten hörten natürlich gerne, dass Luther gegen den Reichtum der
Kirche und gegen die großen Zahlungen an den Papst wütete, weil sie
diese Gelder für sich beanspruchten. Die Kirche war die letzte Feste des
Feudalismus und besaß ein Drittel des Bodens. Große Teile der Adeligen brachen mit der
katholischen Kirche und wandten sich der Reformation zu. Die Bauern
beruhigten sich, da sie nun annehmen mussten ihrem Ziel nach Freiheit und
Unabhängigkeit würde entsprochen. Aber es war nur eine Kulisse, welche
die meisten Bauern wahrgenommen hatten. Es wurde die evangelische Kirche
gegründet und unter ihr sammelten sich die Aufständischen und
Reformisten. Ihre Uneinigkeit über die Ziele und Ansprüche führten
dazu, dass lange Zeit keine klare Aussage der inzwischen sehr großen Anhängerschaft
auszumachen war. Die katholische Kirche bemühte sich anfangs noch um
Einigung, setzte ihre Kräfte aber bald dazu ein eine Gegenreformation zu
begründen, in deren Folge es wiederum zu Buchverboten, Denunzierungen,
Folter und schließlich auch Kriegen kam. Sie gründeten ebenfalls mehrere
neue Orden. Die schnelle Verbreitung des Wissens führte somit zu
einer Unübersichtlichkeit der
Denkansätze. Die Gruppierungen hatten bald
ihre eigenen Bücher, Lehren und Aussagen. Sie konkurrierten stark und die
verbalen Auseinandersetzungen dienten dazu, neues geistiges Wissen zu
erschaffen. Dies war bisher den Mächtigen vorbehalten gewesen, die in
abgeschlossenen Kreisen die Auswirkungen einer Veröffentlichung zu
bewerten versuchten. Die Ergebnisse ließen sich nicht aus dem Rahmen
dieser Führer herleiten, sondern kamen immer öfter „von der Straße“. Bis sich aber ein „einfacher Mensch“ Gehör verschaffen konnte, vergingen noch Jahrhunderte, denn die Macht lernte mit dem Medium Buch umzugehen. Was aber blieb, war die Möglichkeit einer schnellen Verbreitung von Wissen, welche sich in den folgenden Jahrhunderten auszahlte. Europa war damit, ohne dies zunächst zu bemerken, zu einer Armada von wissensdurstigen Menschen geworden, mit dem Wunsch nach geistigem und technischem Austausch. Sicherlich ist es diesem Austausch von Gedanken auch zuzuschreiben, dass großartige multimediale Erfindungen, wie das Radio, der Fernseher und das Internet gemacht wurden. Denn ohne die Lehren aus Büchern, wären Schulen und Hausaufgaben schwer zu managen. |
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Autor: |
Elfetè Körbper | Quelle | Copyright Tauka® 2005 |