"Tim und Struppi" in Stuttgart |
29.12.13 |
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Durch die Jalousie viel das rote Licht der Neonreklame und bildete ein Streifenmuster auf dem Teppich im Büro. Ich schloss die Türe und dachte nach. Was gerade passiert war, konnte es Zufall sein, oder war ich in eine größere Sache verwickelt? Gestern war ich noch bei dem Rechtsanwalt eingeladen, einem hohen Politiker unserer Stadt. Danach hatte mich kurze Zeit ein weißer MAN-Lkw verfolgt. Kurz darauf fiel bei meinem Navigationsgerät der GPS Empfang aus und heute lieferte man mir ein halbtotes Mädchen vor die Füße. Ich war in der Stadt gewesen und wollte nur noch schnell einen Brief einwerfen. Ich parkte im Parkverbot. Auf dem Weg zur Poststelle sah ich bereits zwei Polizistinnen in die Richtung laufen, in der ich meinen Wagen geparkt hatte. Wenn ich mich beeile, dachte ich, kriege ich vielleicht keinen Strafzettel, also ging ich schnell zur Poststelle und warf den Brief ein. Auf dem Rückweg ging ich am Stadtpark vorbei und sah, dass man eine große Leinwand aufgebaut hatte und einen Film zeigte. Kostenlos. Ich blieb stehen. Es war der neue "Tim und Struppi" Film, der im Rahmen einer Art Wiedergutmachung wegen der Unannehmlichkeiten in Zusammenhang mit Stuttgart21 öffentlich gezeigt wurde. Nach einigen Szenen entschloss ich mich, den Film anzuschauen und zu hoffen, dass die Polizei auch wegen meines Falschparkens ein Auge zudrücken würde, wenn in der Stadt solch ein Trubel herrschte. Viele Junge Leute saßen im Park auf Decken und schauten zur überdimensionalen Leinwand. Zunächst stand ich vor den Sitzgelegenheiten der Kaffees, an denen abends Getränke und Snacks gereicht wurden. Ein Mann saß alleine an einem Tisch mit vier Stühlen. Er telefonierte. Kurze Zeit darauf kam ein junges Mädchen mit Löchern in den Jeans und er küsste sie sogleich, indem er ihren Kopf fest packte. Ich überlegte, ob dies wohl mit rechten Dingen zuging. Er schien mir zu alt für dieses Mädchen zu sein. Sie setzte sich und direkt neben den beiden wurde ein Tisch frei. Ich schlängelte mich durch die stehenden Gäste auf diesen Tisch zu und setzte mich ebenfalls. Ich konnte sehen wie er ihr Geld gab und sie darauf sehr viel zutraulicher wurde. So läuft das eben im Handyzeitalter. Wenn irgendwo etwas los ist, man aber alleine ist, ruft man eine Nummer und schon kommt ein Mädchen. Ich sah den Film an und trank ein Weizenbier. Von dem Zeichentrick, oder besser gesagt dem computeranimierten Trickfilm war ich begeistert. "Tim und Struppi" waren großartig umgesetzt, wenngleich die Handlung an den Abfolgen in den Comicheften etwas vorbeischrammte. Als der Film zuende war, trank ich mein Weizen aus und schlenderte vergnügt zurück zu meinem Wagen. Ich bog um eine Ecke und da lag sie dann. Eine Vietnamesin, oder Thailänderin, zwischen siebzehn und zwanzig Jahren, mit weit aufgerissenen Augen und verkrümmten Gliedmaßen. Sie lag da wie tot. Ich war einen Moment lang geschockt. Dann bewegte ich die Hände vor ihren Augen hin und her, aber sie reagierte nicht. Starr blickte sie mich an. Ich fragte: "Ist was. Ist ihnen nicht gut?" und beugte mich zu ihr herunter. Auch andere Leute hatten die Frau inzwischen entdeckt. Eine ältere schwarze Frau kam auf uns zu und redete aufgeregt. "Was ist denn los. Das ist nicht normal!" Sie zückte ein Handy und rief die Polizei, was ihr nicht gleich gelang, aber sie bemühte sich. Ich hielt dem Mädchen die Hand und versuchte ihren Puls zu spüren, aber da war nichts zu bemerken. Dann kam ein junger Thailänder zu uns gelaufen und sagte, das Mädchen sei seine Freundin und betrunken, weiter sei nichts. Ruckartig zog er sie nach oben und versuchte sie aufzurichten. Ich hoffte, sie möge sich beim Sturz nicht den Kopf verletzt haben, aber sie zeigte keine Verletzungen. Sie schluchzte nur und fing dann heftig an zu weinen. Die schwarze Frau meinte, dass sie nicht betrunken sei, da sei etwas anderes. Tatsächlich roch sie nicht nach Alkohol. Der Thai hakte das fast bewusstlose Mädchen unter und ging mit ihr um die Ecke. Er schleifte sie mehr, als dass sie laufen konnte. Sie verlor ihren Schuh und ich ging hinterher und hob ihn auf. Ihr Freund sagte jetzt, dass sie auch ihre Handtasche verloren habe und deswegen so weine. Die Sache wurde zunehmend unglaubhafter. Dann lief er weg. Ich stützte das Mädchen, während sie versuchte ihren Pömps wieder anzuziehen und dann sogleich in meine Arme sackte. Die Passanten, die uns umringten meinten, es wäre besser, auf die Polizei zu warten. Ihr Freund kam wieder. Er hatte sich Verstärkung geholt und erklärte, sie seien aus dem Thairestaurant dort oben und wollten sie dorthin bringen. Aber wir verlangten, dass er das Mädchen zunächst einmal hinsetzen lassen solle und dann auf die Polizei warten solle. Er trug sie zu einer Treppe. Die Polizei bog in einer weit entfernten Strasse ein und ich winkte sie heran. Als die Beamten sich um das Mädchen kümmerten, verließ ich den Schauplatz. Ich kam zu meinem Wagen und stellte fest, dass ich ein Knöllchen unter dem Scheibenwischer hatte. So ist das also, dachte ich. Da werden jungen Frauen KO-Tropfen gegeben, sie anschließend vergewaltigt und wenn sie auf der Straße liegen, kommt die Polizei und gibt sie den Freunden zurück, damit alles schön weiter gehen kann. Aber wenn man keinen Parkplatz findet und sein Auto an eine Seitenstrasse stellt, wo niemand davon gestört wird (in südlicheren Ländern ist es viel schlimmer und da kommt auch jeder durch), dann kommt prompt eine Politesse und klebt einem eine 15.-€ Rechnung an die Scheibe. Da ist die Aufklärungsrate wesentlich höher.
Zwei Tage nach diesem Vorfall war ich bereits wieder eingebunden in die Unterstützung einer der Vermittlungsfirmen für einen Arbeitsplatz. Sie hatten meine Bewerbung und ich sollte zu einem ihrer Kunden in Backnang fahren. Selbstverständlich war man von Seiten des Vermittlers davon ausgegangen, dass ich die Sache kostenlos übernehmen würde. Und als ich meinen Anspruch auf Fahrtkostenerstattung anmerkte, verwies man mich rüde auf einen Antrag bei der Arbeitsagentur. Ich ließ mich nicht darauf ein und beharrte darauf, meinen Anspruch bei dem überregional tätigen Vermittler geltend zu machen. Der Sachbearbeiter sagte zwar, dass ich aufpassen müsse, denn sonst käme die eine oder andere Sache ganz von selbst ins rutschen und man könne mich schließlich gar nicht mehr vermitteln, aber als ich seinen Vorgesetzten sprechen wollte, lenkte er dann doch ein und sendete mir eine Fahrkostenzusage. Das Vorstellungsgespräch war eine Parse. Der Vermittler hatte die Teilnahme bereits abgesagt, da er sonst aus München hätte anreisen müssen und das hätte ihm dann doch zu hohe Kosten verursacht. Die Gesprächspartner, zwei junge aber bereits eingefleischte Konservative, waren herangezogen worden, um an mir ein wenig üben zu dürfen. Vermutlich waren sie in der letzten Zeit in der Auswahl ihrer Mitarbeiter nicht wirklich sorgfältig gewesen und sollten jetzt dem Vermittler eine Absage liefern, bei der er genauer nach den Gründen fragen konnte. Ich spielte mit, obwohl ich bei dieser "Unternehmensberatung" keinen Gewinn erzielen konnte, doch sahen die Vorgaben der Jobcenter eine Kürzung der Ansprüche vor, wenn man sich weigerte. Einen Einspruch konnte ich mir nicht leisten. Die beiden Parodisten des Managements stellten ihr Unternehmen sogleich vor und machten mir Hoffnungen auf einen Arbeitsplatz mit langfristiger Zusammenarbeit. Auch ich erklärte meinen Lebenslauf wie gewohnt und bot meine Arbeit an, auch in den Bereichen des Unternehmens, wo sich sonst kein Manager herumtreiben würde. Schließlich verabschiedeten sie mich freundlich und meinten, ich solle es mir doch bis Montag überlegen. Als ich zuhause ankam hatte ich bereits ihre schadenfeinige Absage auf dem Tisch. Darauf fragte ich mich, ob eine derartige Vorgehensweise eigentlich gegen mich persönlich gerichtet ist, oder ob sie bereits darauf abzielte, meine Blogs zu unterminieren und diese später zu vermarkten, wenn ich pleite wäre. Einige Tage später habe ich Post in meinem E-Mail Eingang. Es ist ein guter Freund des Anwaltes den ich besucht hatte. Er will sich um meine Bewerbungsangelegenheiten kümmern und zu einem Preis von sage und schreibe 410.-€ die Gestaltung meiner Bewerbungen optimieren. Die Geldschneiderei wuchert im Bereich der Arbeitsvermittlung doch sehr stark. Ein, von der Agentur für Arbeit finanziertes Bewerbertraining, hatte ich bereits zwei Mal absolviert. Ich sage selbstverständlich ab und verlange sämtliche Daten zu meiner Position zu löschen. Die Personaler renommierter Firmen sollen sch ein Bild über die Qualifikationen eines Bewerbers machen und nicht die Vorzüge einer leicht zu lesenden und übersichtlich gestalteten und überteuerten Schmuckblattbewerbung eines Bewerbers genießen, der trotzdem sein Geld nicht wert ist. Wofür werden die eigentlich bezahlt? Nur um den Leuten, die sich konventionell bewerben weiszumachen, sie könnten nichts, um dann die Löhne möglichst gering zu halten, oder sollte ein Personaler wirklich die Vorteile und Nachteile eines Lebenslaufs gegen einen anderen Lebenslauf abwerten, weil der erste nicht nach dem Schema einiger Podiumssprecher aufgebaut ist, die sich selber in eine Position reden, die es ihnen ermöglichen soll, über andere zu urteilen?
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Autor: |
Burgunder Train | Quelle |
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