Die Sauna

17.11.13

„Wie sind sie denn hier her gekommen?“ – „ Mit dem Motorrad. Ich habe gehört, hier soll es eine ausgezeichnete Sauna geben.“ – „ Ja richtig, wenn sie in die Sauna gehen möchten, dann müssen sie aber die Treppe rauf gehen.“ sagte der Bademeister als er mich sah, wie ich in der Wäschekammer verschwand.

Ich war zum ersten Mal in dem Stadtbad. Ich ging also die Treppe rauf und duschte mich in den Kabinen. Dann lief ich zu den Saunaräumen, hängte meinen Bademantel außen an den Haken, stellte die Badelatschen vor die Türe und betrat die Sauna.

 

Es saßen bereits einige Leute dort und ich breitete mein Handtuch auf einer der oberen Sitzflächen aus. „Hallo!“ sagte ich freundlich.

Ich wusste bis dahin nicht, dass eine Sauna so faulig riechen kann, aber in diesem Dampf saß ich nun mit den anderen, denen es nichts auszumachen schien. Vielleicht, so dachte ich ist es auch nur im ersten Moment so, oder es hat hier jemand einen schlechten Körpergeruch. Ich gewöhnte mich also an die Dämpfe, die durchsetzt mit ätherischen Ölen, ein gewisses Übelkeitsgefühl in mir aufsteigen ließen.

 

Ich erkannte in dem Dunst den Stadtrat der Christlichen Deutschen Ortspartei und grüßte freundlich „Na, sind sie öfter hier?“ Er nickte. Neben ihm saß eine wesentlich jüngere Frau, die ich nicht kannte aber sie sah sehr hübsch aus, hatte lange schlanke Beine und einen makellosen Busen und wie ich meinen Blick so umherschweifen lies, merkte ich plötzlich wie ich sie anstarrte. Ich senkte schnell meinen Kopf und wurde ganz rot.

„Ist dies ihre Frau?“ fragte ich nach einer Weile den Stadtrat und grinste die beiden freundlich an. „Nein, meine Frau geht nicht in die Sauna. Sie sagt dies seien römische Bäder und die sind doch eher etwas für italienische Staatsbürger. Sie wissen schon – die ausländischen Saunagänger halt, sagt sie.“ 

Ich nickte. „Ist die Äußerung  nicht etwas nationalistisch?“ Es wurde einen Moment ruhig in der Sauna.

Aus einer anderen Ecke der Sauna vernahm ich plötzlich ein Räuspern. „Wir haben bald Kommunalwahlen und es wird Zeit dass die Dinge ausgesprochen werden, wie sie sind!" sagte dort jemand.

„Ah, ja.“ erwiderte ich. Dann fragte ich den Stadtrat: „Wo sind denn die anderen Stadträte?“ Der Stadtrat staunte. „Haben sie denn nicht davon gehört? Die sind doch alle bei dem Tsunami in Thailand ums Leben gekommen.“ Ich schob das Kinn etwas nach vorne. „Ouh, das tut mir leid.“

Ich hörte wieder ein Räuspern aus der anderen Ecke. „Dead or Alive!“ sang der dort plötzlich in dunklen Tönen. Alle in der Sauna sahen ihn empört an und er bemerkte, dass er wohl den falschen Ton angeschlagen hatte. Erschrocken sah er in die Runde. „Sorry, ich wollte niemanden verletzen!“

Ich wandte mich wieder an den Stadtrat der beruhigend von der jungen Frau an den Beinhaaren gekrault wurde. „Was macht denn der Rat dann, wenn nur noch sie übrig geblieben sind?“ 

Der Stadtrat sah zu dem Herren herüber der sich geäußert hatte. „Wir beschäftigen uns bis zu den Wahlen mit Tilgungsplänen. Dazu sind die Vertreter der Stadträte eingesetzt worden. Der da ist einer der Vertreter, die eingesetzt wurden.“

Das konnte ich gut verstehen und deswegen erforderte die Antwort auch keine weitere Frage mehr. Ich wollte also gerade das Thema wechseln, als die Türe aufging und endlich etwas frische Luft von außen eindrang. Die Bademeisterin, in weiße Schwesterntracht gehüllt und übersät mit Flecken von Orangensaft und Bier, machte einen Aufguss. 

Die Brühe, die sie auf die glühend heißen Steine goss, dampfte und war ziemlich kräftig. Es verschlug mir den Atem. Kurz darauf stellte sie sich vor jeden Einzelnen hin und schlug mit einem schweißnassen Handtuch, welches sie gerade unter ihren Achseln hervorgeholt hatte, die feuchte heiße Luft in dessen Gesicht.

Mich traf sie dabei mehrere Male mit dem Handtuch und ich fühlte mich etwas angewidert von dieser Behandlung. Ich spürte, wie in mir ein gewisses Verlangen aufstieg, die Sauna zu verlassen. Ich nahm also mein Handtuch und verabschiedete mich freundlich.

Gibt es einen Beitrag zu diesem Thema?

Schreibe in hier auf. 

counter

Dreckberg

Autor:

Husten Lohnsich Copyright Tauka® 2005