Die Gedanken des Amokläufers

17.11.13

Aus einer unheimlichen Quelle erfuhr einer unserer Reporter, dass auch Amokläufer einer ständigen Überwachung durch Hexen und Geisterwesen unterliegen und er berichtet, dass es für die Hexenteufel notwendig ist, alle Seelen einzufangen, die sie nur erlangen können. Die meisten Seelen der verstorbenen Menschen nimmt sowieso Gott zu sich, sagen die Hexen, aber die wenigen Seelen der Menschen, die sie für ihre Zwecke gebrauchen können, müssen sie zunächst befragen, damit der Teufel sie an sich nehmen kann. Niemand weiß was mit den Seelen geschieht, die nicht antworten.

Eine der Hexen soll sich während eines Amoklaufs mit dem Täter auseinandergesetzt haben. Sie hat ihn nach den ersten Schüssen befragt, ob er das Opfer denn gekannt habe und nach weiteren Schüssen, hat sie ihm die Frage gestellt, ob das Opfer ihm etwas Schlimmes getan habe, dass er das Opfer erschießen musste. Der Amokläufer gab jedoch keine Antwort.

Die Hexe war verzweifelt, da sie dem Teufel einen Bericht abgeben musste. In ihrer Ohnmacht hatte sie dem Täter versprochen, wenn er die Hexe loswerden wolle, müsse er tausend Menschen töten und dies tausend Jahre lang.

Wenn sie nun aber trotzdem keine Antwort von ihm erhalte, würde sie dem Teufel die Seele nicht liefern können und es wäre nicht klar, was mit der Seele des Täters passieren würde.

Sie rief einen Endschatten zu Hilfe und dieser band seinen Schatten an den Schatten des Amokläufers. So konnten folgende Gedanken festgehalten werden:

 

„Als sich das Segel  losriß, zerfetzte ich den ersten Menschen. Danach folgte ich dem aufgewühlten, brausenden Meer, welches sich im Wind zu meterhohen Wellen erhob. Jedes Mal, wenn ich auf den Kamm einer solchen Woge ankam, schoß ich auf einen weiteren Menschen.

Er tut mir nicht leid und sie tut mir nicht leid. Nur in meinem Rücken fühle ich die vorige Welle, die unter mir bricht und durch das Tal auf den nächsten Kamm zu kommen ist mir nur möglich, wenn ich einen weiteren Menschen erschieße.

Ich tippe den Hebel an, der das Geschoß auslöst und stürze durch das nächste Tal hindurch, während der Sog mich bereits in die nächste Welle zieht.

Das Licht donnert auf mich ein, während ich laufe. Es scheint mir nur einen Korridor zu beleuchten. Ein Lauf, dem meine Waffe folgt und deren gerades Rohr eigentlich ungeeignet ist, diesen gekrümmten und gebogenen Weg zu verfolgen. Die Waffe ist mir eine klare, saubere Einheit und die Geradlinigkeit, mit der sie eine Kugel abfeuert, ist von göttlicher Genauigkeit.

Die stille Genugtuung, die ich erfahre, weil ich weiß, dass die Menschen die ich treffe, mir nicht entgegen fallen können, sondern durch den Einschlag des Geschosses nach hinten geworfen werden, ist großartig.“

 

Die Hexe überlegte währenddessen, ob der Täter überhaupt ein Deutscher war und ihre Fragen verstehen konnte. Aber genau, als sie ihm diese Frage stellte, richtete er die Waffe gegen sich selbst und löschte seine Existenz aus.

 
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