Die Spur des Rens

28.12.14

Die Hexe Saschandra bewohnte mit Ihrer Familie ein kleines hölzernes Haus in einem großen, dunklen Wald. Nur geheime und verschlungene Pfade führten zu der Hütte und die meisten Lebewesen verirrten sich im Wald, bevor sie an die Türe gelangten.

Die Hexen hatten sich in der Hütte eingerichtet. Es war gemütlich und vor dem Haus war eine Wiese angelegt worden. Im Frühling blühten die Blumen und im Sommer zwitscherten die Vögel vergnügt von den Ästen. Außerdem besaßen sie einen Stall mit einem Esel und einer Kuh und einen Fischteich, über dem die Libellen tanzten.

Im Herbst wanderte Saschandra durch den Wald, um frische Pilze zu suchen. Vergnügt hüpfte sie von einem Bein auf das andere und legte dabei immer wieder einen Zwischenschritt ein. Sie bemerkte nicht, dass sie in einen Teil des Waldes gelangte, in welchem sie noch niemals zuvor gewesen war. Aber als sie sich dann umsah, und ihr bewusst wurde, dass sie hier niemand hören konnte, weil die Bäume so dicht standen und vermutlich auch weit und breit keine andere Hexe sein oder nicht sein konnte, dachte sie sich frech, dass sie dann auch machen könne, was sie will und wozu sie gerade Lust habe. Sie begann vor sich herzuträllern.

Natürlich haben Hexen immer Lust etwas Verbotenes zu tun. Weswegen ihr auch bald das verbotene Lied einfiel, welches Hexen schon lange nicht mehr singen durften. Sie summte die Melodie erst leise, dann begann sie den Text , den sie nur noch ungefähr in Erinnerung hatte, weil es schon so lange her war, dass sie dieses Lied gehört hatte, bei dem man seinen eignen Hexennamen einsetzen darf, zu flüstern und schließlich fing sie an, immer lauter zu singen:

 

Saschandra ging ins Auenland,

fand einen Ring aus Gold und dachte sich,

der ist jetzt mir, den behalte ich,

da gibt es nichts, was mich dran stört!

 

Aber Pisse, Scheiße sagt man nicht zu Oze, Fotze, Arschloch!

 

Zuhause rief sie schnell herbei,

die andren Hexen eins, zwei, drei,

zeigt den Ring und ruft laut drauf los,

„Ihr habt`s gesehen, ich bin nun reich!

 

Aber Pisse, Scheiße sagt man nicht zu Oze, Fotze, Arschloch!

 

Drauf kamen Prinzessin und der Hof,

besahen sich den Ring und fragten doof,

„Der ist so schön und glänzt so doll!

Wem gehört der denn, doch nicht etwa dem Troll?“

 

Aber Pisse, Scheiße sagt man nicht zu Oze, Fotze, Arschloch!

 

„Prinzessin, so`ne Scheiße, was redet ihr?

Der Ring, der gehört schon sehr lange mir!“

Sprach die Hexe und wundert sich,

weil man ihr wohl den Ring nicht lässt!

 

Aber Pisse, Scheiße sagt man nicht zu Oze, Fotze, Arschloch!

 

Die Prinzessin nahm den Ring und sah die Hex‘ scharf an.

„Du weißt das Wort das sagt man nicht,

in Gegenwart einer Dame, die man verehrt.

Drum ward der Ring dein und ist nun mein!“

 

Aber Pisse, Scheiße sagt man nicht zu Oze, Fotze, Arschloch!

 

Saschandra schrie und wehrte sich,

sprach `nen Fluch und droht dem Hof,

doch die Prinzessin lachte bloß,

den Ring am Finger, dreht sich um und ging dann weg.

 

Aber Pisse, Scheiße sagt man nicht zu Oze, Fotze, Arschloch!

 

Erbost waren zunächst die Hexenleut,

doch siegt der Neid und zuletzt die Schadenfreud,

Und sie sangen dann das verbotene Lied,

von einem Wort, welches das andere ergibt:

 

Denn Pisse, Scheiße sagt man nicht zu Oze, Fotze, Arschloch!

 

Anmerkung der Redaktion :

Den genauen Text konnte die Redaktion nicht mehr ermitteln, aber dem Sinn nach stimmt wenigstens der Inhalt! Es soll auch viel bessere Reime zu diesem Vorfall geben, als diese, von Saschandra vorgetragenen. Lediglich der Refrain des verbotenen Liedes blieb immer erhalten: „Aber Pisse, Scheiße sagt man nicht zu Oze, Fotze, Arschloch!“ 

- Das "Denn" zu Beginn im letzten Refrain wurde auf Anweisung des Chefs der Redaktion eingesetzt!  - 

Eure Schattenredaktion

 

Vergnügt lief die Hexe nun über das Moos und sammelte die vielen bunten Pilze, welche hier wuchsen.

Plötzlich jedoch sah sie im Boden, der mit den Nadeln der Bäume überseht war und von Laub fast verdeckt, eine Spur. Es schien die Spur eines Huftieres zu sein. Neugierig folgte Saschandra den Hinweisen im Wald. Sie sah abgebrochene Zweige und etwas Fell an einer Baumrinde. Dann erreichte sie eine Lichtung und es hing ein dünner Nebelschleier über der Wiese, die sie nun betrat. Mitten auf dem freien Platz stand ein Elch und nur ein heller Schein, rings um das Geweih zeigte auf, dass es sich um ein Wesen aus der Zwischenwelt handeln musste.

Das Tier war nicht scheu, lief nicht weg und es schien, als habe es auf die Hexe gewartet. Saschandra ging hin und streichelte den Elch vorsichtig. „Wer bist du?“ fragte sie erstaunt. Das Tier mit seltsamen, liebevollen braunen Augen sah sie an und sprach: „Ich bin ein Renntier! Im Moment habe ich nichts zu tun, aber sobald das Weihnachtsfest naht, diene Ich dem Weihnachtsmann!“

„Ach, das ist ja fein! Dann kannst du ja mit mir kommen!“ sagte Saschandra und während sie gemeinsam durch den Wald gingen wirkte ein Zauber auf Saschandra ein. Sie wollte den Elch mit nach Hause nehmen. Heimlich zog sie ihren Zauberstab und sprach einen Spruch der bewirkte, dass der Elch ihr folgte. 

Der Elch erzählte unterdessen, dass es verschiedene Huftiere gäbe, die als Renntier erwählt werden würden und dann als Ren vor den Weihnachtsschlitten gespannt, den Kindern Freude bringen, weswegen es auch möglich sei, als Elch einen Platz vor dem Schlitten zu bekommen. 

In der Weihnachtsnacht, wenn der Schlitten von Haustüre zu Haustüre und von Kamin zu Kamin eilte, würden alle Renntiere in Rens verwandelt. Später konnten sie dann wieder in ihrem ursprünglichen Körper mit besonderen Gaben auf der Erde verweilen, bis zum nächsten Jahr. Auch der Nikolaus verwendete die Renntiere, wenn es mal eilig würde und manchmal würde der Weihnachtsmann die Renntiere im Jahr zu sich rufen. Es gab dann Besprechungen und einzelne Kinder würden auch in der Mitte des Jahres vom Weihnachtsmann besucht, wenn sie sich das ganz besonders wünschten und der Schlitten würde dann angespannt. 

Renntiere bekamen auch einen eigenen Namen. Als Saschandra darauf nach dem Namen des Elches fragte, stellte sich dieser sich mit „Rennerich“ vor. Er erzählte, dass er in der Mitte des Gespanns laufen würde, auf der rechten Seite. Hinter ihm lief die Rennanette und vor ihm der Renndolf. Links liefen Rennclarissa, Rennmartin und die Rennlola. Rennanette würde oftmals witzeln, vor ihr laufe Rennerich und dahinter ich und wenn Rennerich rennt, dann rennt erst er, dann ich.

Rennerich stammte aus dem Rennereich und war schon sehr alt. Er war Rentner und mochte Rhinozerosse besonders gerne. Saschandra fragte, ob auch solche Tiere zu Renntieren werden konnten. "Es soll derartige Versuche gegeben haben!" antwortete der Elch, aber Huftiere hätten die besseren Eigenschaften bewiesen, wie zum Beispiel Antilopen, die als Weihnachtsren besonders schnell werden und gerne in den afrikanischen Ländern eingesetzt würden.

 

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Autor:

Iren Buchdruck

Quelle

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