Veränderungen |
17.11.13 |
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Kück unterhielt sich mit dem Bankangestellten. Er hatte sich mit seiner Frau besprochen und war zu dem Entschluss gekommen, tatsächlich den Fabrikbau zu erweitern. Den Ausschlag hatte ein Auftrag gegeben, der bedingte, eine neue Maschine anzuschaffen. Es ging dabei um eine Maschine mit automatischer Zuführung des Materials. Der Vater hätte für die Bearbeitung mit seinen alten Drehautomaten und manueller Zuführung zu viel Zeit benötigt. Mit der neuen automatischen Zuführanlage konnte er außerdem einen Mann einsparen und für die Bearbeitung anderer Aufgaben einsetzen. Der Bankangestellte prüfte alle Angaben und setzte die Unterschrift für die Bank darunter. Dann unterschrieb der Vater. Er erhielt einen Kredit in der Höhe von 100000.- DM. Im folgenden Jahr wurde der Anbau gemacht. * * * Pirein hatte sich zunächst zurückgezogen. Die Auftraggeberin hatte ihn im Tennisverein und im Reitverein den Rückhalt entzogen. Sie hatte überall Verlauten lassen, dass es sich bei Pirein nicht wirklich um einen Doktor handele, sondern um einen Aufschneider und Wichtigtuer. Er hatte schnell erkannt, dass es für ihn nicht mehr darum ging einen Fuß in die Türe zu bekommen, sondern bereits darum, seine Reputation zu wahren, denn nur so hatte er vielleicht noch eine Chance an dem Geschehen teilzuhaben. Er hatte den Äußerungen entgegengesetzt, dass das „Gute Mädchen“ wahrscheinlich meinte, dass er kein Mediziner sei und damit auch Recht habe. Er
war dann in den Kegelverein eingetreten. Dort kegelte er mit dem alten
Mann, bei dem er früher gewohnt hatte.
Dieser hatte inzwischen die Zigeunerin geheiratet. Sie besaß nun ein
Anrecht auf zwei Häuser, welche dem Alten gehörten. Aber Pirein wollte
sich nicht zu sehr in diese Geschichte einmischen, er kegelte mit seinem
älteren Vereinsbruder und horchte einfach zu wie sich die Situation
entwickelte, ohne weitere Pläne zu schmieden. * * * Der
Bau der Familie machte gute Fortschritte und die ersten Mauern ruhten
schon auf dem Fundament. Kück hatte kaum noch Zeit, sich um andere
Belange zu kümmern und deswegen verkaufte er seinen Schimmel. Für Pirein
war dies die Gelegenheit sich wieder einmal im Reitverein blicken zu
lassen. Er sprach zu seinen ehemaligen Vertrauten: „Sehen Sie, dass
hatte ich Ihnen gesagt. Die Spreu trennt sich vom Weizen. Die guten Leute
behalten ihre Pferde und wer es sich nicht leisten kann, verliert seine Gäule.“
Er hielt weitere Reden in dieser Art und stellte dabei klar, dass es
seiner Meinung nach Richtig sei, nun auch die Vereinspreise für alle zu
erhöhen, denn wenn wenige Mitglieder mit Pferden im Verein seien und die
anderen sich die Pferde nur ausliehen, müsse man dafür sorgen, dass
diese Wenigen nicht den ganzen Aufwand bezahlen. * * * Die Kinder versuchten sich von Pirein fern zu halten. Kück hatte ihnen davon erzählt, dass Pirein sie als Eunuchen bezeichnet hatte und ihnen die Bedeutung des Wortes erklärt. Pirein aber versuchte weiterhin sich den Kindern zu nähern. Jedes mal wenn er sie sah, kam er auf sie zu und begrüßte sie überschwänglich. Er gab ihnen die Hand oder versuchte sie irgendwie zu begrapschen und wollte sie sogleich zu einer Cola einladen, oder besorgte einfach ein Getränk, welches er auf den Tisch der Kinder stellte. Die Kinder sollten sich wie kleine Könige fühlen, wenn Pirein auftauchte. Und er erreichte sein Ziel. Sie fingen an wieder mit ihm zu sprechen, wenngleich sehr einsilbig, und Pirein horchte die Kinder aus. Er erfuhr so von dem Bau, der bald fertiggestellt war und das der Vater dafür Geld von der Bank bekommen habe. Pirein
sammelte die Informationen über den Betrieb. Er fragte sich bei
den Unternehmen der Gegend durch, um die Auftraggeber herauszufiltern.
Dabei tat er so als suche er einen Zulieferer und sei dabei von dem
kleinen Unternehmen der Familie angesprochen worden und er wolle etwas über
deren Referenzen erfahren. Bereitwillig gab man ihm Auskunft. Bald hatte
Pirein einen Überblick über die Auftragslage des kleinen Unternehmens
und deren Geschäfte. Es fiel ihm allerdings auf, dass seine
Auftraggeberin nicht unter den Unternehmen war, die bei dem kleinen
Familienbetrieb bestellten. * * * Als der Baubetrieb beendet war, war auch die Zeit für Pirein gekommen, seine Zelte in der Kleinstadt abzubrechen. Die drei Jahre waren vergangen und er war für die versprochene Zeit geblieben. Er hatte sich zwar nicht Verhalten, wie es seine Auftraggeberin erwartet hatte, aber sie konnte ihm nicht vorwerfen, den Auftrag abgebrochen zu haben. Pirein beschloss die Gegend zu verlassen und zu seiner Frau und den Kindern zurück zu kehren, zumindest vorerst. Die gesammelten Informationen würden es ihm ermöglichen, auch aus der Entfernung weiter auf dem Laufenden zu bleiben. Er ging ein letztes Mal zum Tennisverein. Pirein hatte im Sinne mit dem Älteren Sohn Tropos, Tennis zu spielen. Er traf den Jungen und wusste genau, dass dieser keine Chance hatte, bei dem Spiel gegen ihn zu gewinnen. Pirein war auch der Typ Mensch, der nicht verlieren kann, deswegen suchte er sich eigentlich immer Gegner aus, gegen die es ein Leichtes war zu gewinnen. Sie spielten nicht lange und Pirein gewann. Aber es war ihm nicht
genug gegen ein Kind gewonnen zu haben. Er sagte zum Abschluss: „Hier
bekommst du ein Bonbon, weil du so gut mitgespielt hast.“ Der Junge
entgegnete: „Ich darf keine Bonbons von fremden Männern annehmen.“
Seine Mutter hatte ihm dies beigebracht. Pirein wickelte das Bonbon aus
und kam zu dem Jungen heran. Dann quetschte er es ihm in den Mund und
sagte: „Ich habe gewonnen, und du isst jetzt dieses Bonbon.“ Als der
Junge das Bonbon im Mund hatte, ließ Pirein ihn jedoch sofort wieder los.
Der Junge hatte es vor Angst jedoch schon geschluckt. Tropos lief heulend
zu seiner Mutter und berichtete ihr davon. Sie schimpfte zwar mit Pirein,
konnte aber auch nicht mehr daran ändern, dass Pirein ihre
Verhaltensregeln gewaltsam durchbrochen hatte. Pirein leugnete jedoch,
dass er dem Jungen Gewalt angetan habe und Magdalene Kück wollte einem
Streit aus dem Weg gehen. Deswegen sagte sie zu Pirein: „Haben sie noch
ein Bonbon in der Tasche.“ Pirein grinste. „Natürlich.“ Sie sah ihn
an und wies mit dem Zeigefinger auf ihren Sohn. „Dann geben sie ihm
bitte jetzt noch eines ihrer Bonbons und machen sie dies nur noch wenn ich
dabei bin. Haben sie verstanden.“ Pirein tat wie ihm geheißen war.
Danach verabschiedete er sich. * * * Die Amerikaner waren auf Pirein aufmerksam geworden. Sie suchten einen Partner, der für sie in Deutschland alle Geschäfte durchsetzen sollte. Man erkannte, dass dieser gefährliche Kriminelle ihnen nicht schaden konnte, aber bereit war, für Macht und Geld jedes Geschäft abzuschließen und durchzuführen, bis hin zum Auftragsmord. Pirein stand von nun an unter ihrem persönlichen Schutz. Von höchster Stelle veranlasste man, dass sich Pireins Wünsche und Ideen fast wie von selbst entwickelten. Ihm sollten von nun an alle Türen in Deutschland geöffnet werden und seine Methoden wurden vertuscht, wo es nur ging. Man wollte Pirein nicht in diese Pläne einweihen, denn dann wäre ihm die Möglichkeit gegeben, die Amerikaner zu verraten, aber man wollte es ihm leicht machen. Er sollte von selber auf die günstigen Umstände aufmerksam werden und sich nach diesen richten. So wurde Pirein inoffiziell als Diplomat geführt, der amerikanische Interessen vertritt. Damit wurde er und seine kriminellen Verhaltensweisen gedeckt, ohne dass er sich dafür anstrengen musste. später würde man Pirein die Aufträge zuteilen, denen er sich wegen seiner Vergangenheit nicht mehr erwehren können würde. Die Amerikaner befragten die Sterns, was die Ziele des "Diplomaten Dr. Pirein" sein mochten. Und sie waren begierig darauf zu erfahren, wann Pirein glänzende Augen bekommen hatte und welche Vermutungen die Sterns darüber anstellten. Die Sterns wurden eindringlich gebeten, über all diese Besprechung strengstes Stillschweigen zu wahren. Im Gegenzug wurde den Sterns versprochen, sich mit ihrem Unternehmen mit Unterstützung der amerikanischen Regierung in der Welt ausbreiten zu können. Es würde ihnen niemand mehr Konkurrenz machen können. Die Sterns gingen auf diesen Deal ein, ohne Stefanie davon zu unterrichten. * * * Stefanie fand keinen Zugang mehr zu Tropos. Er hatte begonnen sich zunehmend zu verschließen. Die Dinge die passiert waren, konnte er sich selber nicht erklären und er fühlte sich Schutzlos und Unverstanden. Steffi bemühte sich rührend um ihn, doch es kam dabei zu solch starken Auseinandersetzungen mit dem kleinen Tropos, dass es ihr verboten wurde, Tropos zu sehen. Auch Tropos Eltern hatten seine psychische Wandlung mitbekommen. Sie waren aber so sehr mit dem Anbau beschäftigt, dass sie sich nicht wirklich darum kümmern konnten. Steffi Stern beschränkte sich von nun an darauf, Tropos aus der Ferne zu beobachten. Sie erbat sich dafür jegliche Unterstützung von ihren Eltern und sollte dies auch erhalten. Dabei wollte sie Tropos helfen und jede Hilfe von außen zu teil werden lassen, aber dies würde nicht einfach werden. Ihre Eltern hatten im Sinn, dass es vielleicht nützlich sein würde, so viel wie möglich über die Auswirkungen von Pireins Anwesenheit zu dokumentieren, um später den Amerikanern gegenüber etwas in der Hand zu haben, wobei sich bereits seit langem abzeichnete, dass die Amerikaner innerhalb der ehemaligen Alliierten eine Sonderstellung einnehmen würden. Innerhalb der Europäischen Gemeinschaft war man sogar bereit einer Zusammenarbeit auf polizeilicher und justizieller Ebene zuzustimmen, was mit einer gemeinsamen Außen und Sicherheitspolitik einhergehen sollte. Dennoch war es wegen des verlorenen Krieges immer noch schwierig mit den Alliierten zu verhandeln. Man wollte sich nicht nur auf die gegebenen Zusicherungen verlassen. Wenn die Zeit gekommen war wollte man Steffi einweihen und ihr die Entscheidungen überlassen, was mit Pirein, oder Tropos zu geschehen habe.
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Autor: |
Serpentine | Copyright Tauka® 2005 |