Der Detektiv

17.11.13

„In unseren Kreisen befindet sich ein Detektiv.“ Ich saß am Tresen und blickte mich um. Zuerst wollte mir keiner zuhören. Die Gäste dieses Etablissements waren auch alle nicht sehr gesprächig. Sie unterhielten sich nur gedämpft und wenn ein Anwesender ausfallend wurde, kam normalerweise sofort jemand, der ihn möglichst freundlich, aber doch sehr bestimmt bis hin zur Tür begleitete. Aber mir konnte nichts passieren. Eher würde man alle anderen Gäste entfernen, als dass es einer der Rausschmeißer wagen würde, auch nur einen missfallenden Ton mir gegenüber anzustimmen.

Ich fing also nochmals an. „Der Detektiv hat inzwischen geheiratet.“ Ich bekam ein glucksendes Geräusch eines verkrampften Lachens von meinem Nachbarn zu hören. Ich wandte mich an ihn.

„Ich erzähle ihnen einmal seine Geschichte:

Er kam im Auftrage einer bekannten und sehr reichen Familie hier her, um mich zu beobachten. Diese Familie wollte sich davor schützen, dass ich unliebsame Äußerungen über diese Familie mache. Dazu hatte sie gleich den Boss einer ganzen Detektivkette beauftragt und in unsere Stadt gelotst. Er arbeitete zunächst in der selben Firma wie ich. Er stellte sich vor und erklärte mir, dass er ein ehemaliger Alkoholabhängiger sei. Ich glaubte ihm dies sogar anfangs.

Er arbeitete schlecht und war oft krank. Ich weiß inzwischen, dass dies alles nur gespielt war, weil er ein doppeltes Gehalt erhielt. Er wurde zum einen für seine Arbeit bezahlt und zum anderen für seine Detektivtätigkeit. Aber das Geld brauchte er eigentlich nicht, denn ihm gehörte ja eine gut gehende Kette von Detektivbüros. Also machte er auf krankhaft Arbeitsuntauglich und ließ sich von der Krankenkasse seine Ausschweifungen zusätzlich bezahlen.

Ich stellte ihm meine Nachbarin vor und wie der Zufall es so will, sie fiel ebenfalls auf ihn herein. Ich muss dazu sagen, dass meine Nachbarin ebenfalls sehr vermögend war. Also schien dem Detektiv hier eine lohnende Beute zusätzlich ins Netz gefallen zu sein. So wurde seine ehemalige Bekanntschaft abgestoßen und er wandte sich voll und ganz meiner Nachbarin zu. Man fuhr in den Skiurlaub und vergnügte sich hier und da. Nebenbei wurde ich weiter beobachtet und ausgeleuchtet. Bald darauf wurde geheiratet. Der Detektiv zog nun in die Wohnung meiner Nachbarin. Er konnte mich also bestens im Auge behalten. So erhielt ich bald Anzeigen, wenn ich vor dem Haus falsch parkte und es war immer klar wann ich das Haus verließ und wen ich mit in die Wohnung nahm. Aber ich brachte gar niemanden mit und auch sonst war ich eigentlich mehr ein stiller Zeitgenosse. Es fiel ihm also zunehmend schwer, etwas über mich zu berichten. Es gab nur belangloses, wie Fernsehen und Schreiben. Dies fand er heraus und er fing an, um seinen schönen Auftrag zu bangen. Die Familie welche ihn beauftragt hatte, gab ihm nun Anweisungen, wie und was er mir sagen sollte und worüber er mit mir sprechen soll, und es gelang ihnen tatsächlich mich zu Äußerungen zu bewegen, welche man gebrauchen konnte, mich zu diskreditieren.  Ich verlor darauf meinen Job.

Nun wollte der Detektiv seinen finanziellen Gewinn gerne umsetzen und plante von dem Geld seiner frisch Vermählten ein Haus zu bauen. Eigentlich hätte er auch selber bauen können, aber es hätte sein Bankkonto belastet und er wollte schließlich an das Geld seiner Schwiegereltern heran. Es kam tatsächlich dazu, dass eine Bürgschaft eingegangen wurde und der Bau auf einem der Grundstücke seiner Frau genehmigt wurde. Nachdem der Bau fast fertig war, wollte der Detektiv noch einen draufsetzen und seiner Frau zeigen, wie gut er mit Geld umgehen kann. Er bestellte einen Gutachter, der bestätigen sollte, dass an dem Bau Mängel aufgetreten sind. Damit wollte er den Architekten haftbar machen und von ihm einen Teil der Baukosten zurückverlangen. Aber es sollte anders kommen.

Der Architekt war ein naher Verwandter der Familie der Angeheirateten. Darauf gab es einen ziemlich großen Streit in dieser Familie und der Schwiegervater kündigte ihm die Bürgschaft. Als die Bank dies vernahm, wurde auch der Kredit gekündigt. Nun konnte der Bau nicht mehr fortgeführt werden. Es kam wie es kommen musste. Man erfuhr bald in der ganzen Stadt von diesem Spektakel und der Detektiv bekam zusätzlich von der Familie, die ihn angeheuert hatte, eine Abmahnung. Man fürchtete, dass etwas von den Geschäften nach außen dringen könnte.

 

Er musste sich nun etwas einfallen lasse und so beschloss er zunächst einmal alles auf seine frühere Alkoholabhängigkeit zu schieben. Dazu begann er sich betrunken in der Öffentlichkeit zu zeigen. Es wurde ihm auch sofort abgenommen, dass er nun wieder angefangen habe zu saufen. Dann zog er und seine Frau aus. Sie bezogen zunächst eine Wohnung in einer Sekte. Genau in dieser Sekte war er nämlich, seit er die Familie kannte, die ihm den Auftrag gegeben hatte. Der Sektenführer war kein anderer als das Oberhaupt der Familie seiner Auftraggeber.

Ich wusste dies, aber hatte bisher noch nie darüber gesprochen. Doch die Familie fürchtete sich davor, dass dies durch mich bekannt gemacht werden könnte. Dieses war auch der Grund warum man mich diskreditieren wollte.

Als aber auch Spannungen in diesem Sektenhaus auftraten, besorgte sich der Detektiv eine Wohnung über einen Makler.“

 

Mein Nachbar schien diese Geschichte nicht zu berühren. Er blickte gelangweilt auf die Frauen, welche in sich mit den Gästen vergnügten. „Sie haben mir nicht zugehört?“

„Nein!“ sagte er und ging mit einer der Frauen aufs Zimmer.

Ach übrigens: das Etablissement gehört natürlich zur Sekte und ist einer dieser reichen Familien unterstellt. Die Frauen, welche hier angestellt sind, glauben allesamt daran, sich und ihrem „Vater“ einen großen Dienst zu erweisen.

 

Aber dass wissen eigentlich alle, die hier verkehren.

 

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Dreckberg

Autor:

Marter Plütsch Copyright Tauka® 2005