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       „In unseren Kreisen befindet
      sich ein Detektiv.“ Ich saß am Tresen und blickte mich um. Zuerst
      wollte mir keiner zuhören. Die Gäste dieses Etablissements waren auch
      alle nicht sehr gesprächig. Sie unterhielten sich nur gedämpft und wenn
      ein Anwesender ausfallend wurde, kam normalerweise sofort jemand, der ihn
      möglichst freundlich, aber doch sehr bestimmt bis hin zur Tür
      begleitete. Aber mir konnte nichts passieren. Eher würde man alle anderen
      Gäste entfernen, als dass es einer der Rausschmeißer wagen würde, auch
      nur einen missfallenden Ton mir gegenüber anzustimmen. 
      Ich fing also nochmals an. „Der
      Detektiv hat inzwischen geheiratet.“ Ich bekam ein glucksendes Geräusch
      eines verkrampften Lachens von meinem Nachbarn zu hören. Ich wandte mich
      an ihn. 
      „Ich erzähle ihnen einmal seine
      Geschichte: 
      Er kam im Auftrage einer bekannten
      und sehr reichen Familie hier her, um mich zu beobachten. Diese Familie
      wollte sich davor schützen, dass ich unliebsame Äußerungen über diese
      Familie mache. Dazu hatte sie gleich den Boss einer ganzen Detektivkette
      beauftragt und in unsere Stadt gelotst. Er arbeitete zunächst in der
      selben Firma wie ich. Er stellte sich vor und erklärte mir, dass er ein
      ehemaliger Alkoholabhängiger sei. Ich glaubte ihm dies sogar anfangs. 
      Er arbeitete schlecht und war oft
      krank. Ich weiß inzwischen, dass dies alles nur gespielt war, weil er ein
      doppeltes Gehalt erhielt. Er wurde zum einen für seine Arbeit bezahlt und
      zum anderen für seine Detektivtätigkeit. Aber das Geld brauchte er
      eigentlich nicht, denn ihm gehörte ja eine gut gehende Kette von
      Detektivbüros. Also machte er auf krankhaft Arbeitsuntauglich und ließ
      sich von der Krankenkasse seine Ausschweifungen zusätzlich bezahlen. 
      Ich stellte ihm meine Nachbarin
      vor und wie der Zufall es so will, sie fiel ebenfalls auf ihn herein. Ich
      muss dazu sagen, dass meine Nachbarin ebenfalls sehr vermögend war. Also
      schien dem Detektiv hier eine lohnende Beute zusätzlich ins Netz gefallen
      zu sein. So wurde seine ehemalige Bekanntschaft abgestoßen und er wandte
      sich voll und ganz meiner Nachbarin zu. Man fuhr in den Skiurlaub und
      vergnügte sich hier und da. Nebenbei wurde ich weiter beobachtet und
      ausgeleuchtet. Bald darauf wurde geheiratet. Der Detektiv zog nun in die
      Wohnung meiner Nachbarin. Er konnte mich also bestens im Auge behalten. So
      erhielt ich bald Anzeigen, wenn ich vor dem Haus falsch parkte und es war
      immer klar wann ich das Haus verließ und wen ich mit in die Wohnung nahm.
      Aber ich brachte gar niemanden mit und auch sonst war ich eigentlich mehr
      ein stiller Zeitgenosse. Es fiel ihm also zunehmend schwer, etwas über
      mich zu berichten. Es gab nur belangloses, wie Fernsehen und Schreiben.
      Dies fand er heraus und er fing an, um seinen schönen Auftrag zu bangen.
      Die Familie welche ihn beauftragt hatte, gab ihm nun Anweisungen,
      wie und was er mir sagen sollte und worüber er mit mir sprechen soll, und
      es gelang ihnen tatsächlich mich zu Äußerungen zu bewegen, welche man
      gebrauchen konnte, mich zu diskreditieren. 
      Ich verlor darauf meinen Job. 
      Nun wollte der Detektiv seinen
      finanziellen Gewinn gerne umsetzen und plante von dem Geld seiner frisch
      Vermählten ein Haus zu bauen. Eigentlich hätte er auch selber bauen können,
      aber es hätte sein Bankkonto belastet und er wollte schließlich an das
      Geld seiner Schwiegereltern heran. Es kam tatsächlich dazu, dass eine Bürgschaft
      eingegangen wurde und der Bau auf einem der Grundstücke seiner Frau
      genehmigt wurde. Nachdem der Bau fast fertig war, wollte der Detektiv noch
      einen draufsetzen und seiner Frau zeigen, wie gut er mit Geld umgehen
      kann. Er bestellte einen Gutachter, der bestätigen sollte, dass an dem
      Bau Mängel aufgetreten sind. Damit wollte er den Architekten haftbar
      machen und von ihm einen Teil der Baukosten zurückverlangen. Aber es
      sollte anders kommen. 
      Der Architekt war ein naher
      Verwandter der Familie der Angeheirateten. Darauf gab es einen ziemlich
      großen Streit in dieser Familie und der Schwiegervater kündigte ihm die
      Bürgschaft. Als die Bank dies vernahm, wurde auch der Kredit gekündigt.
      Nun konnte der Bau nicht mehr fortgeführt werden. Es kam wie es kommen
      musste. Man erfuhr bald in der ganzen Stadt von diesem Spektakel und der
      Detektiv bekam zusätzlich von der Familie, die ihn angeheuert hatte, eine
      Abmahnung. Man fürchtete, dass etwas von den Geschäften nach außen
      dringen könnte. 
       
      
       
      Er musste sich nun etwas einfallen
      lasse und so beschloss er zunächst einmal alles auf seine frühere
      Alkoholabhängigkeit zu schieben. Dazu begann er sich betrunken in der Öffentlichkeit
      zu zeigen. Es wurde ihm auch sofort abgenommen, dass er nun wieder
      angefangen habe zu saufen. Dann zog er und seine Frau aus. Sie bezogen zunächst
      eine Wohnung in einer Sekte. Genau in dieser Sekte war er nämlich, seit er
      die Familie kannte, die ihm den Auftrag gegeben hatte. Der Sektenführer
      war kein anderer als das Oberhaupt der Familie seiner Auftraggeber. 
      Ich wusste dies, aber hatte bisher
      noch nie darüber gesprochen. Doch die Familie fürchtete sich davor, dass
      dies durch mich bekannt gemacht werden könnte. Dieses war auch der Grund
      warum man mich diskreditieren wollte. 
      Als aber auch Spannungen in diesem
      Sektenhaus auftraten, besorgte sich der Detektiv eine Wohnung über einen
      Makler.“ 
       
      
       
      Mein Nachbar schien diese
      Geschichte nicht zu berühren. Er blickte gelangweilt auf die Frauen,
      welche in sich mit den Gästen vergnügten. „Sie haben mir nicht zugehört?“ 
      „Nein!“ sagte er und ging mit
      einer der Frauen aufs Zimmer.
      
       
      Ach übrigens: das Etablissement
      gehört natürlich zur Sekte und ist einer dieser reichen Familien
      unterstellt. Die Frauen, welche hier angestellt sind, glauben allesamt
      daran, sich und ihrem „Vater“ einen großen Dienst zu erweisen. 
       
      
       
      Aber dass wissen eigentlich alle,
      die hier verkehren. 
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