Schrift und Papier

17.11.13

Lesen und Schreiben ist uns heute so selbstverständlich, dass wir uns kaum eine Zeit vorstellen können, wo – wie im Mittelalter – die große Masse des Volkes nichts davon verstand. 

Aber auch heute gibt es Länder, in denen viele Menschen „Analphabeten“ sind, also Lesen und Schreiben nicht beherrschen. Die Kunst, Sprache durch Zeichen wiederzugeben und damit Gedanken festzuhalten, haben die Völker im Laufe der Zeit auf ganz unterschiedliche Weise entwickelt. Die peruanische Knotenschrift (1) trägt ihren Namen im Grunde zu Unrecht, denn sie ist nur ein Verfahren, sehr einfache Botschaften zu übermitteln. Farbe und Fäden und die Art, wie die Knoten geknüpft wurden, drücken den Inhalt der Nachricht aus.

Wir setzen unsere Schrift aus einzelnen Buchstaben zusammen – die Ägypter gingen einen anderen Weg. Ihre Hieroglyphen (2) sind eine Bilderschrift, in der jedes Zeichen einen bestimmten Begriff ausdrückt. Die Hieroglyphen ging so vollständig verloren, dass man sich lange bemühte, die Inschriften zu entziffern. Es gelang 1822, als man einen Stein fand, der eine Inschrift in Hieroglyphen und in griechischer Sprache aufwies. Damit war der Anfang gemacht. Eine Bilderschrift ist auch die der Chinesen (7), aber die Bilder sind so abgewandelt, dass man ihre Bedeutung nicht mehr ablesen kann. Die Chinesen verwenden ein eigenes Zeichen für jedes Wort ihrer Sprache, und es ist nicht verwunderlich, dass nur sehr gelehrte Leute in China die 50000 Schriftzeichen beherrschen. Chinesische Schulkinder haben es schwerer als wir, denn 2000-3000 Wortzeichen müssen sie auf jeden Fall lernen, und wir kommen mit 24 Buchstaben aus!

Die hebräische Schrift (8), die von rechts nach links geschrieben wird, gab zunächst nur die Mitlaute an, erst später fügte man in Punkten auch die Selbstlaute hinzu.

Unsere Schrift hat sich nach dem Vorbild der phönizischen Lautzeichen (3) entwickelt – bis zum Zusammensetzen einzelner Buchstaben war es nur noch ein Schritt. Formen der griechischen Schrift (5) übernahmen die Römer und gestalteten sie zu einer eigenen, die mit der Römerherrschaft in Europa verbreitet wurde und die Grundlage unserer heutigen Schriftarten ist.

 

Die russische Schrift (10) entwickelte sich auf andere Weise. Runen (11)  ritzten die Germanen in Holz und Stein, ihr ABC ist uns bekannt, und wir können die Inschriften auf den germanischen Denksteinen lesen. Zu den Grundformen der vielen Drucksschriften von heute gehören die Antiqua (4) und die Grotesk (6), bei der alle Striche von gleicher Breite sind. Um besondere Wörter oder Sätze hervorzuheben, benutzt man gern die Kursiv (9) eine schrägverlaufende Schrift. Die Fraktur (12), eine spitzige, winklige Schrift des Mittelalters, hat sich bis in unsere Tage erhalten, ist aber in der letzten Zeit fast ganz verschwunden.

Die alten Ägypter verstanden es, aus dem Mark der Papyrus-Staude (13) eine beschreibbare Fläche anzufertigen, unser Wort Papier erinnert noch daran. Sie kannten aber auch schon das Pergament, enthaarte, aber nicht gegerbte Tierhaut, die bis ins Mittelalter für Urkunden und handgeschriebene Bücher verwandt wurde. Römische Schulkinder ritzten ihre Schreibübungen in Wachstäfelchen (14) – die bei Griechen und Römern ganz allgemein für Briefe, Rechnungen, Notizen gebraucht wurden.

Die geeignetste und billigste Schreibfläche bietet das Papier, das die Chinesen erfunden haben. Papier wird aus pflanzlichen Fasern gewonnen, und zwar aus Lumpen (aber nicht Wolllumpen, die ja nicht aus Pflanzen stammen) oder Holz, das zu Holzschliff aufbereitet oder chemisch zu Zellstoff umgewandelt wird. Die pflanzlichen Fasern haben die Eigenschaft, im Wasser aufzuquellen und sich beim Trocknen miteinander zu verfilzen und zu verkleben. Bild (29) zeigt eine Langsiebmaschine zur Papierherstellung. Der „Holländer“ (27) zermahlt die Fasern in winzige Teilchen. Sie werden in der „Stoffbütte“ (28) mit Wasser und Leim zu einem sehr dünnen Brei verrührt, der im Sandfang (17)  und Knotenfänger von allen Unebenheiten befreit wird. In der Siebpartie (19) gleitet der Brei über ein endloses Sieb (25), das ihn tüchtig durchrüttelt, so dass sich die Fasern miteinander verfilzen. Hat das Sieb ein bestimmtes Muster, prägt es dem Papier ein „Wasserzeichen“ (15). Unter Walzen (20)(21), hindurch, die das Wasser aus dem eben entstandenen Papierband pressen, gleitet es über ein endloses Filz (26), der das Wasser absaugt. In der Trockenpartie (22) wird das Papier durch vorsichtiges Erhitzen – vorsichtig, damit es nicht schrumpft – getrocknet, gekühlt und schließlich geglättet (23). Ein Rollapparat (24) wickelt das Band zu riesigen Papierrollen auf. Das „Büttenpapier“ wird mit einem Sieb aus der Bütte (16) geschöpft.

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Flutbilder

Autor: Elfete Körbper

Quelle Copyright Tauka® 2005