Auf der Suche nach dem "Schneemann"

17.11.13

Tag und Nacht hatte es geschneit und ich hörte den Ruf. Es war ein feines Heulen im Winterwind und es flüsterte leise und gedämpft durch die fallenden Schneeflocken: "Komm zu mir!"

 

Da ich wusste, was dieses Flüstern zu bedeuten hatte, machte ich mich daran, meine Ausrüstung zu packen und den gefährlichen Weg auf der Suche nach dem Schneemann zu beschreiten.
Ich wanderte nach Norden, begleitet von dem ächzenden Gelächter tief verschneiter Waldgeister. Sie schienen sich über mich lustig zu machen.   
Es ging über so manch gefährliches Tal und der beschwerliche Weg durch den eisigen Wind und die hohen Schneewächten machte hungrig und müde.
Ich legte eine kurze Rast ein, trank etwas heißen Zitronentee und fühlte mich schon viel besser.
Ich war schon weit nach Norden vorgedrungen und es durfte nicht mehr weit sein. Es begann bereits zu dämmern. Die Nacht brach herein.
Bald darauf stiefelte ich weiter. Ich erreichte eine Waldkreuzung und das Flüstern wurde lauter. Dort entdeckte ich die Ursache  - ein Schneekopf.
Aufgespießt auf einem Pfahl wartete der Schneekopf auf mich. Wimmernd und heulend rief er nach mir.
Ich setze mich zu ihm und sprach mit ihm, um zu erfahren, was er von mir wollte.
Der Schneekopf erzählte, dass es an der Zeit wäre größer und mächtiger zu werden. Er verlangte von mir, dass ich ihm dabei helfe. Er hoffte, dass ich ihm aus kleinen Schneebällen einen Laib formte. 
Ich war mir der beschwerlichen Aufgabe bewusst, drehte aber dennoch unter der Aufsicht des meckernden Schneekopfes, kleine Schneebälle durch den weißen Untergrund, bis sie größer wurden. 
Der Schneekopf hatte genaue Vorstellungen, wie ich dies zu bewerkstelligen hatte und sagte mir die Richtung an, in welche ich den Schneeball zu drehen hatte, damit er auch schön rund werde. Dann wies er mich an, die Kugel, die mir bereits bis zu den Oberschenkeln reichte, an einen bestimmten Platz zu rollen.
Darauf musste ich eine weitere Schneekugel rollen und den Lawineneffekt nutzen. Unter den wachsamen Augen des Schneekopfes setzte ich die Kugeln aufeinander. 
Dann bekam der entstehende Schneemann seine endgültige Form. Ich setzte Arme und Beine an und den Schneekopf auf den Rumpf der dem Schneemann nun Nase, Mund und Augen verlieh.
Zufrieden blickte mich der Schneekopf an, der nun in seiner ganzen Eitelkeit, ein ausgewachsener Schneemann geworden war. 
Er hob seine kalten Hände zu einer Begrüßung und umarmte mich. Dann schickte er mich ohne Umschweife nach Hause.

Auf dem langen Weg durch die Nacht schlugen die Schneeflocken wild um mich, aber keine einzige berührte mich. Trotz des aufgewühlten Schneetreibens hatte ich keine Mühe den Weg zu finden und kam trocken zuhause an.

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endschatten

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Iren Buchdruck

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