Der Blumenstrauß

17.11.13

Einige Unternehmen beschäftigen Angestellte mit körperlichen Behinderungen, aber nicht alle behandeln sie deswegen nachsichtig. 

Der körperbehinderte und mit multiple Sklerose gezeichnete Mann, hatte seit fast einem Monat einen Job in dem Unternehmen. Als ich ihn traf, war er schlecht zu Fuß und es hatte den Eindruck, als würde er jeden Moment auf seinen dünnen, fast muskellosen Beinen zusammenbrechen. Er rauchte und wenn er nach draußen ging um eine zu Paffen, setzte er sich auf den blanken Steinboden.

Seine Arbeit bestand in der Erstellung von Zeichnungen und er gab sich Mühe die Probezeit zu schaffen. Aber nach drei Wochen hatte er einen Anfall und konnte mehrere Tage nicht mehr zur Arbeit kommen. Dem Personalmanager hätte es eigentlich bei der Einstellung schon klar sein müssen, dass es zu derartigen Ausfällen kommen wird und er hätte dies mit ins Kalkül ziehen müssen. Aber er nahm den krankheitsbedingten Ausfall während der Probezeit zum Anlass den Mann zu kündigen.

Als ich davon erfuhr, forderte ich meine Kollegen auf, dem Mann einen Blumenstrauß zukommen zu lassen und wir sammelten Geld.

Ich besuchte ihn und erfuhr nun, dass er einen Zusammenbruch hatte und  nicht einmal ins Krankenhaus könne, da es nicht klar sei, ob die  Krankenkasse den Fall übernehme. Er war vorher Selbständig gewesen und hatte sich nicht versichert. Da er nun in dem selben Monat gekündigt worden war, wie er den Arbeitsvertrag erhalten hatte und die Firma der Krankenkasse den Vorgang nicht gemeldet hatte, weil sie die Krankenkasse nicht kannte, war es für ihn finanziell nicht möglich ein Krankenhaus aufzusuchen. Wer hätte die Kosten übernehmen sollen? Wegen der ungeklärten Vorgänge war er auch nicht zu einem Arzt gegangen.

Der Personalmanager hielt es nicht für nötig, sich nach dem Vorgang zu erkundigen, oder auch nur nach dem Befinden des Kranken. Er sendete ihm auch keinen Blumenstrauß, oder etwas Ähnliches, statt dessen war es ihm ein willkommener Anlass zu betonen, dass man in der Probezeit wegen einer unentschuldigten Krankheit sofort gekündigt werde. 

Der Personalmanager, den man immer mit Krawatte sah und als geradlinigen und treuen Anhänger einer christdemokratischen Partei kannte, erzählte dann von seinem bevorstehendem Urlaub in Phuket und zeigte uns dazu ein Prospekt des Reiseveranstalters.

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DEAKTIV

Autor:

Walter Fahrkarte Quelle Copyright Tauka® 2005